Eisenmangel – ein verbreitetes Problem

Müdigkeit, andauernde Erschöpfung, Konzentrationsstörungen, Kurzatmigkeit, Schwindel, Herzrasen, Gliederschmerzen, Anfälligkeit für Infekte, wiederkehrende Pilzinfektionen, blasse Schleimhäute, eingerissene Mundwinkel, Zahnfleischbluten, Haarausfall und brüchige Nägel: All diese recht unspezifischen Symptome können auf einen Eisenmangel hinweisen. 
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„Eisenmangel haben die meisten Frauen in Ihrem Alter!” – dies war der Ausspruch meines Hausarztes im Sommer 2013, als ich wegen Haarausfall in die Sprechstunde kam und sich zeigte, dass ein deutlicher Speichereisenmangel dahinter steckte. Mit meiner überstarken Menstruationsblutung sei das nicht verwunderlich, meinte der Arzt, und verschrieb mir Eisentabletten. Da ich diese nicht vertrug, begann ich nach Alternativen und relevanten Informationen zu recherchieren; in den darauffolgenden Jahren ließ ich regelmäßig meine Blutwerte bestimmen, um den Eisenmangel kontrolliert behandeln zu können. Auch in Schwangerschaft und Stillzeit hat mich das Thema Eisenmangel begleitet und ich gebe hier gerne mein Wissen darüber weiter.

Müdigkeit, andauernde Erschöpfung, Konzentrationsstörungen, Kurzatmigkeit, Schwindel, Herzrasen, Gliederschmerzen, Anfälligkeit für Infekte, wiederkehrende Pilzinfektionen, blasse Schleimhäute, eingerissene Mundwinkel, Zahnfleischbluten, Haarausfall und brüchige Nägel: All diese recht unspezifischen Symptome können auf einen Eisenmangel hinweisen. 

Der tägliche Bedarf an Eisen liegt bei rund 10mg/Tag für Männer und bei rund 15mg/Tag bei Frauen, wobei der Bedarf in der Schwangerschaft und Stillzeit nochmals höher ist (etwa 30mg/Tag). Gute Quellen für die Eisenaufnahme über die Ernährung sind Fleisch und Eigelb, da das Eisen dort in der so genannten zweiwertigen Form vorkommt und vom Körper direkt verarbeitet werden kann. Aber auch pflanzliche Nahrungsmittel enthalten Eisen, allerdings liegt es dann in der dreiwertigen Form vor und muss vom Körper erst umgewandelt werden, bevor es aufgenommen werden kann. Zu den eisenreichen pflanzlichen Lebensmitteln zählen beispielsweise Hülsenfrüchte, grüne Gemüse und Nüsse, Hirse und Haferflocken. Vegetarier:innen und Veganer:innen können in der Regel bei einer durchdachten Ernährung ausreichend Eisen aufnehmen, so dass es bei Eisenmangel nicht zwingend notwendig ist, tierische Produkte in den Speiseplan aufzunehmen.

Wie wird ein Eisenmangel definiert?

Um einen Eisenmangel zu diagnostizieren, kann man unterschiedliche Parameter heranziehen. Für gewöhnlich wird der Hämoglobinwert bestimmt. Hämoglobin ist eine Eiweißverbindung, die zum größten Teil aus Eisen besteht und unser Blut rot färbt. Es ist in den roten Blutkörperchen enthalten und ermöglicht den Transport von Sauerstoff und Kohlenstoffdioxid durch den menschlichen Körper. Ein Mangel an Hämoglobin wirkt sich negativ auf die Blutbildung aus. Die Grenzwerte für Hämoglobin liegen bei 12 g/dl (Frauen) und 14 g/dl (Männer), darunter spricht man von einem erniedrigten Hämoglobinwert

Neben dem Hämoglobinwert ist aber auch noch der Ferritinwert sehr aufschlussreich. Beim Ferritin handelt es sich um ein großes Eiweiß-Molekül, das sich beim Menschen vor allem in Leber, Milz und Knochenmark befindet und in der Lage ist, Eisenmoleküle zu speichern. Die Grenzwerte für Ferritin liegen bei 22 bis 112 ng/ml für Frauen und 34 bis 310 ng/ml für Männer (je nach Alter variieren die Grenzwerte). Bei einem erniedrigten Ferritinwert spricht man von einem Speichereisenmangel.

Die Kombination aus einem zu niedrigen Hämoglobinwert und einem zu niedrigen Ferritinwert nennt man eine Eisenmangelanämie, diese gilt als behandlungsbedürftig.

Mein Hämoglobinwert ist in der Norm, ist damit ein Eisenmangel ausgeschlossen?

Nein. Ausgeschlossen ist nur eine Eisenmangelanämie mit niedrigem Hämoglobin und niedrigem Ferritin. Nicht ausgeschlossen ist aber ein Speichereisenmangel, also ein niedriger Ferritinwert bei möglicherweise gleichzeitig normwertigen Hämoglobin. Auch ein Speichereisenmangel kann zu den eingangs genannten Symptomen führen. Medizinisches Personal ist allerdings in vielen Fällen nicht ausreichend dafür sensibilisiert und orientiert sich oft ausschließlich am Hämoglobinwert, beziehungsweise bestimmt den Ferritinwert erst dann, wenn das Hämoglobin unter der Norm liegt. Es kann deshalb nützlich sein, den Ferritinwert auf eigene Kosten (etwa 25 bis 35 Euro) bestimmen zu lassen. Generell muss zur Interpretation des Ferritinwertes auch der so genannte CRP-Wert (c-reaktives Protein) bestimmt werden: Eine akute Entzündung kann für einen hohen Ferritinwert sorgen, sodass ein Speichereisenmangel übersehen wird.

Mein Ferritinwert liegt über 22ng/ml und meine Ärztin meint, es ist alles in Ordnung, stimmt das?

Der nächste Grund dafür, dass ein Speichereisenmangel oft übersehen wird: Die offiziellen Grenzwerte sind sehr niedrig angesetzt. Es gibt Patient:innen, die erst bei 30ng/ml oder sogar erst über 50ng/ml keine Symptome eines Mangels mehr haben und mit einem niedrigen, aber noch normgerechten Ferritinwert keine gute Lebensqualität haben. Der individuelle „Wohlfühlwert“ ist von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich, allerdings kann davon ausgegangen werden, dass bei einem Ferritinwert von unter 30 ng/ml das Risiko für Mangelerscheinungen ansteigt.

Einen (Speicher-)Eisenmangel behandeln

Der gängige Weg, einen Eisenmangel zu behandeln, sind Tabletten. Orale Supplemente werden bei einer vorliegenden Eisenmangelanämie von der gesetzlichen Krankenversicherung übernommen, bei einem reinen Speichereisenmangel müssen die Eisentabletten in der Regel privat erworben werden. Es gibt allerdings eine Vielzahl von erschwinglichen Produkten auf dem Markt, so dass die finanzielle Belastung überschaubar ist. Viele Patient:innen vertragen die handelsüblichen apothekenpflichtigen Eisentabletten nicht besonders gut und machen bessere Erfahrungen mit frei verkäuflichen Präparaten.
Wichtig ist dabei, die Dosierung zu beachten: Einige Präparate sind nur dazu geeignet, den täglichen Bedarf von rund 15mg/Tag zu decken, können aber einen Eisenmangel nicht ausgleichen. Bei einem ausgeprägten Mangel sind Dosierungen von 50mg/Tag bis 200mg/Tag üblich. Wichtig zu beachten: Der Körper kann von dem Eisen in den Tabletten nur 10 bis 30% im Darm resorbieren, so dass es einige Monate dauern kann, bis sich die Eisenspeicher wieder füllen. Eine Studie aus dem Jahr 2015 (Moretti D, Goede JS, Zeder C et al.: Oral iron supplements increase hepcidin and decrease iron absorption from daily or twice-​daily doses in iron-​depleted young women) legt nahe, dass eine höher dosierte Einnahme alle zwei Tage ein besseres Ergebnis erzielt, als wenn täglich Tabletten eingenommen werden.

Eisen oral supplementieren – worauf muss ich achten?

Bei der oralen Einnahme von Eisen sind zahlreiche Dinge zu beachten. Es gibt Stoffe, welche die Aufnahme im Darm behindern, zum Beispiel Gerbstoffe (in Kaffee, Schwarztee, grünem Tee und Rotwein enthalten), Calciumsalze (in Milchprodukten enthalten), Phytate (in Getreideprodukten enthalten) und Oxalsäure (Rhabarber, Spinat). Unterstützend für die Aufnahme im Darm wirken Fruchtsäuren und Vitamin C, so dass ein Schluck Orangensaft eine gute Ergänzung zur Eisentablette darstellt. Vollkornprodukte können die Aufnahme von Eisen durch enthaltene Phytinsäure stören – dieser Effekt fällt allerdings weg, wenn das Brot bei der Herstellung gesäuert wurde (zum Beispiel Brote aus Roggensauerteig). Körner, Nüsse und Saaten können über Nacht eingeweicht werden, um die enthaltene Phytinsäure zu neutralisieren.

Wichtig ist es zudem, Magnesium, Calcium und Zink zeitversetzt einzunehmen, da auch diese Stoffe die Resorption von Eisen im Darm stören. Es ist auch ratsam, Schilddrüsenmedikamente und Vitamin D zu einer anderen Tageszeit einzunehmen. Die beste Resorption erreicht man, wenn Eisen auf nüchternen Magen mit etwas Vitamin C eingenommen wird (einige Tabletten enthalten zu diesem Zweck etwas Vitamin C).

Wenn im Darm zu wenig Eisen aufgenommen wird: Eiseninfusionen

Bei einigen Erkrankungen wie zum Beispiel Zöliakie (Gluten-Unverträglichkeit) oder chronischen entzündlichen Darmerkrankungen kann es vorkommen, dass über den Darm viel zu wenig Eisen aufgenommen werden kann. Auch ohne diese Erkrankungen kann es im Einzelfall sinnvoll sein, Eisen intravenös zuzuführen. Dabei wird in einer oder mehreren Sitzungen ein Eisenpräparat mit Kochsalzlösung verdünnt langsam in die Vene gespritzt. Der Vorteil ist, dass hierbei der Umweg über den Darm wegfällt – somit kann das gesamte im Präparat enthaltene Eisen verwendet werden.
Als Nachteil von Eiseninfusionen gilt, dass es in sehr seltenen Fällen zu einer allergischen Reaktion kommen kann, aus diesem Grund ist eine langsame Infusion unter medizinischer Aufsicht angezeigt. Die Kosten für eine Eiseninfusion liegen bei etwa 100 bis 250 Euro und werden bei medizinischer Indikation von der gesetzlichen Krankenkasse übernommen. Es ist auch möglich, eine Infusion als private Leistung zu erhalten, das spricht man am besten mit der behandelnden Ärztin / dem behandelnden Arzt ab.

Kann man auch zu viel Eisen einnehmen?

Generell sollte Eisen nur dann eingenommen werden, wenn es die Blutwerte nahelegen beziehungsweise wenn man weiß, dass es aufgrund persönlicher Umstände schwierig bis unmöglich ist, die Eisenverluste über die Nahrung auszugleichen. Das kann zum Beispiel bei einer besonders starken Regelblutung (Hypermenorrhoe) der Fall sein oder bei Erkrankungen des Darmes. In seltenen Fällen liegt eine so genannte Eisenspeicherkrankheit vor, bei der der Körper krankhaft viel Eisen einlagert, hier sollte auf keinen Fall Eisen eingenommen werden. Eine solche Eisenspeicherkrankheit fällt in der Regel durch erhöhte Ferritinwerte, eine hohe Transferrinsättigung und eine erhöhte Konzentration von Eisen im Blutplasma auf. Wer dauerhaft Eisen einnehmen muss, tut dies am besten entlang seines mehrmals im Jahr gemessenen Ferritinwertes, so dass die Dosierung individuell angepasst werden kann.

Eisenmangel in der Schwangerschaft

Eine besondere Situation in Hinblick auf die Eisenversorgung stellt die Schwangerschaft dar. Da sich das Blutvolumen erhöht und das Blut dabei verdünnt wird, sinkt im Laufe einer Schwangerschaft der Hämoglobinwert. Ebenfalls leeren sich die Eisenspeicher, vor allem im letzten Drittel der Schwangerschaft, wenn die Speicher des Fötus gefüllt werden.
Dass die Konzentration von Hämoglobin und Ferritin absinkt, ist einerseits in einem gewissen Rahmen ein normaler Prozess, andererseits kann eine Eisenmangelanämie negative Auswirkungen auf Mutter und Kind haben (so erhöht eine Anämie beispielsweise das Risiko für eine Frühgeburt). Die Bestimmung des Hämoglobinwertes ist in Deutschland Bestandteil der Schwangerschaftsvorsorge, allerdings wird auch bei Schwangeren der ebenfalls sehr aufschlussreiche Ferritinwert oft nur dann erhoben, wenn der Hämoglobinwert unter der Norm ist. In der Regel werden bei einem zu niedrigen Hämoglobinwert Eisentabletten verschrieben, in manchen Fällen ist auch eine Infusion angezeigt.
Wichtig ist, im Anschluss an die Geburt das Auftreten einer Eisenmangelanämie zu verhindern beziehungsweise rechtzeitig auszugleichen, da Erschöpfungszustände und depressive Verstimmungen bis hin zur Wochenbettdepression mögliche Folgen sein können.
Auch in der Stillzeit ist der Eisenbedarf deutlich erhöht, so dass es im Einzelfall sinnvoll ist, Eisen einzunehmen.

Eisenmangel bei Hypermenorrhoe

Ein häufiger Grund für (Speicher-) Eisenmangel ist die Menstruation, insbesondere wenn eine überstarke Regelblutung – eine Hypermenorrhoe – vorliegt. Zwei Milliliter Blut entsprechen einem Verlust von einem Milligramm Eisen, so dass eine Person, die 250ml Blut bei einer Periode verliert, etwa 125mg Eisen verbraucht (60ml Blutverlust im Rahmen der Menstruation gelten als Durchschnittswert). Diese Menge rein aus der Nahrung zu sich zu nehmen, ist schwierig, daher ist es für viele Menschen mit starker Regelblutung sinnvoll, dauerhaft Eisen zu supplementieren – natürlich nur mit Kenntnis der eigenen Blutwerte.

Eisen gut, alles gut?

Eisen ist allerdings, und das ist wichtig zu wissen, nicht der einzige Dreh- und Angelpunkt, wenn man unter einer erhöhten Infektanfälligkeit, Erschöpfung, Haarausfall et cetera leidet. Abklären kann man in dieser Situation beispielsweise auch eine Schilddrüsenfehlfunktion, einen Jodmangel, einen Vitamin D3-Mangel oder einen Mangel an bestimmten B-Vitaminen. Die erste Ansprechpartner:in hierfür ist in der Regel der Facharzt / die Fachärztin für Allgemeinmedizin (Hausärzt:in) oder für Innere Medizin (Internist:in).

Alba
Alba ist 1980 geboren und lebt mit Mann und drei Kindern in Wuppertal. Sie ist Sozialwissenschaftlerin interessiert sich für Pädagogik, Psychologie, soziale Themen, Feminismus und gleichberechtigte Elternschaft.
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2 Kommentare

Salix 8. April 2021 - 21:59

Liebe Alba,
danke für deinen Artikel.
Ich habe kürzlich davon gelesen, dass es ein Mittel gibt, dass hilft Eisen besser zu verwerten. (Lactoferrin) Und außerdem, dass das Zuviel an Eisen von unerwünschten Darmbakterien aufgenommen werden kann.
Vielleicht schreibst du noch etwas dazu.
LG Salix

Antworten
Alba 11. April 2021 - 14:59

Hallo Salix,
der Hinweis auf Lactoferrin ist sehr wertvoll!
Mit dem Thema Darmbakterien muss ich mich noch befassen. Mir ist auf jeden Fall bewusst, dass zu viel oral zugeführtes Eisen zu so genanntem oxidativen Stress führen kann.
Liebe Grüße Alba

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