Vor Kurzem hatte ich ein sehr nettes Telefonat mit Petra Sood, in dem ich ihr von meinem „Menstruationswerdegang“ erzählte. Sie bat mich, meine Geschichte aufzuschreiben, da sie für andere Frauen interessant und inspirierend sein könnte. Nun, hier kommt sie und ich hoffe, dass ich damit der ein oder anderen Frau etwas Mut machen kann, sich dem Thema zu öffnen.
Menstruation und Scham
Ich bin Jahrgang 1978 und als ich Anfang der 1990er Jahre meine erste Periode bekam, war dies ein sehr schambehaftetes Thema. Eine Periode hatte diskret vonstatten zu gehen, Periodenblut wurde als blau eingefärbte Flüssigkeit dargestellt (um nur ja keine Assoziation zur richtigen Menstruationsflüssigkeit herzustellen). Meine damaligen Einkäufe von Periodenprodukten im Drogeriemarkt liefen so ab, dass ich erst zaghaft durch die Regalreihen streifte, um dann zügig und ganz verschämt eine Packung Tampons oder Binden zu greifen und damit schnurstracks zur Kasse zu gehen. Oft kaufte ich noch einen größeren Artikel (wahlweise Feinstrumpfhosen, die ich nie trug), um damit in meinen Händen oder auf dem Kassenband das Produkt meiner Scham zu bedecken. Nach dem Bezahlvorgang stopfte ich alles schnell in meine Tasche und verließ fluchtartig den Laden.
Zuhause in meinem Elternhaus war die Periode nie Thema. Darüber wurde einfach nicht gesprochen. Auch unter Freundinnen sprachen wir nur hinter vorgehaltener Hand, wenn jemand mal einen Tampon oder eine Binde brauchte. Ich blieb also, wie wohl viele Frauen und Mädchen, mit der Menstruation, meinen Fragen und meinem Unwohlsein alleine.
Tabu sanft auflösen
Bei meiner Tochter wollte ich es daher anders machen. Natürlich klärte ich sie auf, aber es war immer noch ein heikles Thema für mich. Als meine Tochter ihre Periode bekam und ganz selbstverständlich und offen mit dem Thema umging, hat es in mir ein Nach- und Umdenken bewirkt. Vorbei waren die Zeiten, in denen sie und ihre Mitschülerinnen nur hinter vorgehaltener Hand über Menstruation und Mädchen/ Frau sein tuschelten. Ganz offen wird in ihrer Schule darüber geredet. Diese Offenheit hat meine Tochter auch nach Hause getragen und ich bin ihr dafür sehr dankbar. Wir reden ganz selbstverständlich über die Menstruation und dies hat uns für nachhaltige Periodenprodukte geöffnet. Mehr als 20 Jahre habe ich fast ausschließlich Tampons verwendet, denn eine „gute“ Periode hat schließlich diskret abzulaufen und am besten mit wenig Kontakt zum eigenen Periodenblut. Jedoch fühlte ich mich seit einigen Jahren nicht mehr wohl damit. Die Tampons empfand ich als einen Fremdkörper in mir und das Wechseln war häufig unangenehm. Einmalbinden erzeugten ein schwitziges, raschelndes Windelgefühl. Welch Offenbarung war es für mich, als ich im Unverpacktladen Stoffbinden von Kulmine entdeckte und auch den Mut aufbrachte, sie auszuprobieren. Endlich fühle ich mich auch während meiner Menstruation wohl! Das Tragegefühl von Stoffbinden, ohne Kunststoff, ist so viel angenehmer und natürlicher als von Einwegbinden. Und nun mit über 40 Jahren lerne ich meinen Körper nochmal anders kennen und nehme mich bewusster wahr. Mittlerweile ist die Periode nicht mehr ein „Oh nein, nicht schon wieder“-Erlebnis, sondern ein wiederkehrendes Ereignis, dass ich zwar nicht übermäßig freudig, aber doch gerne empfange und als etwas ganz Natürliches empfinde.
Annehmender Umgang in der nächsten Generation
Wir gehen mittlerweile auch als Familie viel offener mit dem Thema um. Ich hoffe, dass ich meinem jüngeren Sohn die Periode als etwas Selbstverständliches vermitteln kann und er auch später (wenn er irgendwann mal eine Partnerin haben sollte) natürlich und verständnisvoll mit dem Thema umgehen kann.
Meine Tochter hat sich übrigens zwischenzeitlich an die Menstruationstasse getraut und kommt sehr gut damit zurecht.