Was hilft nach einer Gebärmutterentfernung?

Jährlich wird in der Bundesrepublik laut Schätzungen 150.000 Frauen die Gebärmutter entfernt. Viele Frauen überstehen diesen Eingriff recht gut. Doch nicht alle fühlen sich nach der Gebärmutterentfernung wohl oder gar – wie manche Frauen, die zuvor starke Beschwerden hatten – besser als vor der Operation.
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Aus der Reihe: Ausgewählte Artikel der clio im Kulmine Magazin.

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Tipps und Erfahrungen

Jährlich wird in der Bundesrepublik laut Schätzungen 150.000 Frauen die Gebärmutter entfernt. Viele Frauen überstehen diesen Eingriff recht gut.1 Doch nicht alle fühlen sich nach der Gebärmutterentfernung wohl oder gar – wie manche Frauen, die zuvor starke Beschwerden hatten – besser als vor der Operation. Dies musste Frau Schneider2 erleben:

„Nach der OP ist alles vorbei… – schön wär´s! Bei mir fing da alles erst richtig an. Schon vor der Entlassung aus dem Krankenhaus hatte ich Bedenken, wie ich 12 Tage nach einer schweren Unterleibsoperation mit einer 25 cm langen frischen Narbe auf dem Bauch zurechtkommen würde. Äußerte ich meine Sorgen gegenüber den Ärzten, wurde das als wehleidig abgetan, ich sollte mich nicht anstellen, eine Erholung oder Kur käme bei einer so kleinen Operation nicht in Frage und wenn ich Probleme mit dem Treppenlaufen hätte, sollte ich eben den Aufzug benutzen. Die hatten gut reden, mussten die ja nicht vier Berliner Altbaustockwerke hoch und runter. Der Erfolg, bzw. die Folgen dieser Art `Nachsorge ́ ließen nicht lange auf sich warten. Die Narbe verursachte Beschwerden, heilte schlecht und wurde sehr breit. Ich hatte nun ein eingebautes Barometer im Körper, das mir nicht nur jede Wetteränderung durch Schmerzen anzeigte, sondern auch bei körperlichen Anstrengungen sehr unangenehm reagierte.“

Wie Frau Schneider hat so manche Frau mit Folgebeschwerden zu kämpfen. Diese reichen von Verwachsungsschmerzen über Darm- oder Harnprobleme bis zu sexuellen oder psychischen Problemen.3 Was Frauen hilft, wenn Beschwerden auftreten, kann sehr unterschiedlich sein. Manche Frau muss sich nochmals einer Operation unterziehen, bei der schmerzhafte Verwachsungen gelöst werden.4

Einer anderen hilft möglicherweise eine Kur, spezifische Krankengymnastik oder psychologische Unterstützung.5 Wie auch immer die Beschwerden der Frauen und die Wege, die sie einschlugen, aussahen, schrieben die Frauen übereinstimmend der Unterstützung, die sie durch Bekannte und Verwandte erhielten, eine zentrale Bedeutung zu. Dies kommt bei Frau Karlsen zum Ausdruck.

Unterstützung und Selbsthilfe

Frau Karlsen betont, wie wichtig und grundlegend die Unterstützung ihrer Familie für sie war. Sie litt nach der Gebärmutterentfernung unter schweren Depressionen sowie körperlichen Symptomen, wie sie in den Wechseljahren auftreten können. Immer wieder darauf verwiesen, die Gebärmutterentfernung könne sich bei ihr nicht so schwerwiegend auswirken, fühlte sie sich von den Ärzten und Ärztinnen alleine gelassen. Sie schienen ihr nicht helfen zu können bzw. ihre Probleme nicht ernst zu nehmen. Erst Jahre später bekam Frau Karlsen Medikamente verschrieben, die die Beschwerden linderten. Halt fand Frau Karlsen in den Jahren zuvor bei ihrer Familie:

Die „emotionale Unterstützung durch meinen Mann und meine Kinder war das Einzige, was mir in dieser Zeit half“, so Frau Karlsen. 

Der Wunsch nach Unterstützung und gegenseitigem Verständnis veranlasst Frau Karlsen heute auch dazu, mit anderen Frauen eine Selbsthilfegruppe zu gründen. 

In einer solchen Gruppe können Frauen offen über ihr Erleben der Gebärmutterentfernung und deren Bedeutung für ihr jetziges Leben reden. Mit anderen Betroffenen können sich die Frauen mit der Problematik auseinandersetzen und daran arbeiten, sie zu bewältigen. Wie der Austausch unter Frauen in einer solchen Gruppe wirken kann, beschreibt Frau Becker, die sich schon längere Zeit in einer Selbsthilfegrupe befindet:

„In der Selbsthilfegruppe können Frauen in einem geschützten Raum Fragen stellen und sie bekommen offene Antworten. Es ist Zeit zum Austausch vorhanden. Verständnis für viele Probleme ist gegeben. Hier gibt es Anregungen zu alternativen Therapien, Schnupperabende zum Kennenlernen verschiedener Entspannungsmöglichkeiten wie zum Beispiel Autogenes Training, `Fünf Tibeter´, Atemübungen, Tanzen, Informationen über Kunsttherapie und vieles mehr.“

Nach einer übereilten und, wie sich später herausstellte, unnötigen Gebärmutterentfernung hatte Frau Becker das Gefühl, „verstümmelt“ zu sein. In der Selbsthilfegruppe konnte sie über solche Gefühle reden. Sie fand Verständnis und begann den Verlust des Organs zu verarbeiten. 

Methoden der Körpererfahrung

Im Laufe des Verarbeitungsprozesses wandte sich Frau Becker verschiedenen Verfahren der Körperarbeit zu. Diese sollten ihr Bemühen unterstützen, wieder ein positives Verhältnis zum eigenen Körper zu entwickeln. So begann Frau Becker mit Yoga und mit Visualisierung6, einer Methode der Selbstheilungsarbeit. 

Yoga erlebte sie als körperlich wohltuend, was insbesondere zu ihrer Entspannung beitrug. Die Visualisierung ergänzte diese Erfahrung, da sie sich hier intensiv mit ihrem Körper und in diesem Zusammenhang auch mit dem Verlust der Gebärmutter auseinandersetzte. Später nutzte Frau Becker auch die Möglichkeit der Meditation und des autogenen Trainings. Gerade im Bereich der Körpererfahrung stehen vielfältige Methoden zur Auswahl. Interessierte Frauen müssen, wie Frau Becker, das Verfahren für sich entdecken, das ihnen am ehesten entspricht. Weitere Verfahren können dabei auch autogenes Training, Feldenkrais, körpertherapeutische Selbsterfahrungsgruppen oder schlichtweg Sportangebote sein. Mit der für sie richtigen Methode können viele Frauen, die an den emotionalen und körperlichen Folgen einer Gebärmutterentfernung leiden, ein positives Körpergefühl wiedergewinnen. 

Akupunktur

Eine ganz andere Art, mit körperlichen Problemen umzugehen, bieten naturheilkundliche Verfahren. Dies zeigt sich am Beispiel von Frau Schneider, deren Beschwerden eingangs des Artikels zitiert wurden. Eine Behandlung mit Akupunktur half ihr letztendlich gegen die Narbenprobleme. Sie beschreibt:

„Meine Frauenärztin empfahl mir heparinhaltige Salben, die ich täglich zwei- bis dreimal einmassieren sollte. Die Salben kosteten ca. 17 Mark die Tube und die gab es nicht auf Krankenschein, da diese Behandlung als Kosmetik galt. Mit einem Studentenbudget von ca. 600 Mark im Monat musste ich mir die vom Mund absparen. Nach anderthalb Jahren ohne nennenswerten Erfolg gab ich das Eincremen der Narbe auf. Verbessert hat sich die Situation mit der Narbe erst einige Jahre später. Eine Behandlung mit Akupunktur half gegen die Narbenschmerzen. Die Ärztin, die mit der traditionellen chinesischen Methode behandelt, verdächtigt auch die große Narbe, andere körperliche Beschwerden zu verursachen, die mich seit der Operation quälen.“

Der Rechtsweg

Während Frau Schneider ihre Beschwerden mit naturheilkundlichen Verfahren zu lindern versuchte, kämpfte sie gleichzeitig um die Anerkennung ihrer dauerhaften Beschwerden. Sie beantragte eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (kurz: MdE), die sich beispielsweise auf Kündigungsschutz, Urlaubsanspruch und Rente niederschlägt. Nach einer Ablehnung klagte Frau Schneider und gewann den Prozess. Den Rechtsweg einzuschlagen empfand Frau Schneider als wichtigen Schritt, um die Operation zu verarbeiten und sich mit ihrer Situation arrangieren zu können. Sie schränkt allerdings ein:

„Frauen, die nach der Operation überlegen, ob sie den Stress auf sich nehmen wollen, sollten sich gut informieren. In Deutschland gibt es keine Präzedenzfälle, jeder Fall wird neu entschieden. Die Beschäftigung mit diesem rechtlichen Problem kann erst mal wieder Antrieb geben, sich aus der postoperativen Depression hochzurappeln und etwas für sich selbst zu tun. Der Prozess beim Sozialgericht ist in der ersten Instanz kostenlos. Aber Information über medizinische und rechtliche Belange und ein Arzt, der den Antrag unterstützt, sind sehr wichtig, um den Prozess erfolgreich abzuschließen und die Zeit, in der eine Frau von Gutachter zu Gutachter geschickt wird, zu überstehen.“

Neben dem Aufwand und den Belastungen, die der Rechtsweg mit sich bringt, wird sich jede Frau überlegen müssen, ob die Vorteile, die mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit verbunden sind, überwiegen. Denkbar ist, dass eine Frau diesen Status für sich persönlich eher negativ als Festschreibung empfindet.

Hilfe auf unterschiedlichen Wegen

Am Beispiel der drei Frauen zeigt sich, wie unterschiedlich die Wege sein können, die Frauen einschlagen, um die Folgen einer Gebärmutterentfernung zu überwinden oder zu lindern. Die große Bedeutung, die der Unterstützung im eigenen Umfeld zukommt, das Bemühen, wieder ein positives Verhältnis zum eigenen Körper zu entwickeln, naturheilkundliche Behandlungen, um Folgebeschwerden zu lindern oder die Klage, um sich rechtlich abzusichern und sich so mit der neuen Lebenssituation zu arrangieren – völlig verschiedene Umgangsweisen. Sie verweisen auf unterschiedliche Ebenen, wie Frauen nach der Gebärmutterentfernung Hilfe und Unterstützung erhalten können. Was der einzelnen Frau entspricht, kann nur sie selbst entscheiden. Mögliche Fragen, die ihr dabei weiterhelfen können, sind: Wie sind meine Beschwerden genau gelagert? Was kann mich am ehesten unterstützen? Wo finde ich diese Unterstützung? Welche Bedürfnisse habe ich? Welches Verfahren entspricht mir am meisten? 

Möglicherweise braucht die Suche nach adäquater Unterstützung und Hilfe eine gewisse Zeit. Und möglicherweise wird die richtige Maßnahme nicht auf Anhieb gefunden. Es stehen jedoch zahlreiche Möglichkeiten offen und keine Frau muss Beschwerden hinnehmen.

Geschrieben 1997 von Monika Fränznick

  1. Ein bis zwei Wochen nach der Hysterektomie, so der medizinische Ausdruck für eine Gebärmutterentfernung, verlässt die operierte Frau das Krankenhaus. Die danach benötigte Zeit für die Genesungsphase ist individuell verschieden. Sie liegt durchschnittlich bei zwei bis sechs Wochen. Sowohl beim Krankenhausaufenthalt als auch bei der Genesungsphase muß bei einer abdominalen Gebärmutterentfernung – d.h. die Gebärmutter wird durch einen Bauchschnitt entfernt – mit einer längeren Dauer gerechnet werden als bei einer vaginalen Gebärmutterentfernung.
  2. Die vorkommenden Namen wurden anonymisiert.
  3. vgl. „Gebärmutterentfernung – eine häufige, aber häufig überflüssige und folgenschwere Operation“ in Clio 42.
  4. Auch solche Operationen sollten gut überdacht werden. Jeder neuerliche Eingriff erzeugt Narben, die wiederum zu Verwachsungsschmerzen führen können.
  5. vgl. „Wenn eine Gebärmutterentfernung unumgänglich ist“ in Clio 43.
  6. vgl. „Selbstheilungsarbeit mit Frauen“ in Clio 43.
Clio-Redaktion
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4 Kommentare

Katharina 22. November 2023 - 15:42

Liebes Kulmine-Team,
ich schätze Eure Beiträge sehr! Diesen Artikel finde ich jedoch sehr irreführend. Natürlich wurde früher viel zu schnell die Gebärmutter entfernt und die psychischen Probleme, die dabei auftreten können, dürfen nicht außer Acht gelassen werden.
Aber der Artikel ist von 1997, also 26 Jahre alt – das ist in der Medizin eine Ewigkeit! Heute werden weit nicht mehr so viele Gebärmutter-Entfernungen durchgeführt, wie damals. Die Entfernung der Gebärmutter mittels 25cm langem Längsschnitt ist inzwischen eine absolute Rarität geworden und ist nur noch bei einer riesigen Gebärmutter oder Krebs nötig. Und dann ist auch die Operation nötig. Bei allen anderen Indikationen erfolgt die Operation meist minimalinvasiv, also mittels Schlüssellochtechnik, was deutlich weniger postoperative Probleme mit sich bringt. Die minimalinvasive Operation ist inzwischen ein Qualitätsstandard, für jede Abweichung davon muss sich die durchführende Klinik rechtfertigen. Weiters haben sich für die vielen Erkrankungen der Gebärmutter neue Therapieoptionen ergeben, so dass die Entfernung derselben am Schluss einer Therapiekette steht. Eigentlich sollte es inzwischen auch in allen Kliniken Standard sein, dass die Frau in diese große Entscheidung mit einbezogen wird.

Antworten
Petra Sood 22. November 2023 - 17:29

Liebe Katharina,
es freut uns, dass du unsere Beiträge normalerweise schätzt.

Für deinen Kommentar zur Gebärmutterentfernung heute sind wir dankbar. Wir veröffentlichen diese teilweise recht alten Artikel, weil viel Erfahrungswissen darin ist, dass aus unserer Sicht wertvoll ist.
Ursprünglich wollten wir zu jedem Artikel schreiben, was überholt ist und was neu. Das schaffen wir leider bisher nicht. Es wäre wunderbar, wenn sich mehr Lesende so beteiligen wie du jetzt.

Zu der Menge der eigentlich unnötiger Gebärmutterentfernungen meine ich gehört zu haben, dass sie stark rückläufig waren und dann wieder zunahmen. Leider gelingt es mir nicht die Quellen zu sammeln, aber Zahlen und noch mehr neue Fakten, wie von dir, sind willkommen!

Irreführen wollen wir nicht deshalb: herzlichen Dank für deinen wertvollen Beitrag.

Antworten
Petra Sood 22. November 2023 - 17:45

Wir geben deinen Kommentar auch noch weiter an das FFGZ Berlin, die werden sicher auch neues Wissen haben.

Antworten
Petra Bentz 23. November 2023 - 0:18

Liebe Katharina,

du hast mit vielem recht!
Aber immer noch werden jährlich 90.000 Gebärmutterentfernungen aufgrund gutartiger Erkrankungen gemacht, ohne die Frauen über die vielen Alternativen, die es inzwischen gitb oder auch darüber, was passiert, wenn sie diesen Eingriff NICHT durchführen lassen. Und welche Folgen es für die Sexualität und die längerfristige Gesundheit hat (Senkungsbeschwerden, Inkontinenz….)
Der Druck ist vielleicht kleiner geworden, aber immer noch wird zwischen Tür und Angel bei der Gynäkologin gesagt, es doch endlich mal machen zu lassen, das sei doch keine große Sache mehr. Ist es aber doch! Trotz kürzerer OP-Dauer und minimalinvasiver Verfahren ist es ein großer Eingriff mit mehrwöchiger Heilungszeit. Und die Gebärmutter ist kein überflüssiges Organ, das frau nach dem Kinderkriegen nicht mehr braucht!
Sie ist integraler Bestandteil des Körpers und verbindet uns mit Weiblichkeit und großem Potenzial. Ich empfehle das tolle Buch von Leah Hazard: Wo alles beginnt. Die ungeahnte Power der Gebärmutter, um diese wunderbare Organ richtig kennenzulernen.
Petra für die Clio-Redaktion

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